Morbus Addison

Morbus Addison

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Morbus Addison (Hypoadrenokortizismus) kann bei jeder Hunderasse unabhängig von Alter und Geschlecht vorkommen. Bei Hunden ist die Erkankung selten und trifft dann eher mittelalte Hündinnen; bei Katzen kommt sie noch seltener vor. West Highland Terrier, Bearded Collies, Dänische Doggen, Pudel, Portugiesische Wasserhunde und Leonberger sind die Rassen, die eher betroffen sind als andere. Entdeckt wurde die Krankheit von Thomas Addison im 19. Jahrhundert.

Morbus Addison wird durch eine Fehlfunktion der Nebennieren ausgelöst. Diese beiden kleinen Organe liegen neben den Nieren und haben die Funktion, Glucokortikoide und Mineralkortikoide zu produzieren, zwei für den Organismus lebenswichtige Hormone. Cortisol, das sogenannte Stresshormon, ist das Glucokortikoid, das den Appetit reguliert und für das Immunsystem eine wichtige Rolle spielt. Eins der Mineralkortkoide, Aldosteron, steuert den Flüssigkeitshaushalt und somit auch den Blutdruck des Körpers und reguliert außerdem die Natrium- und Kaliumproduktion. Beim Morbus Addison hat der Körper zu wenig Glukokortikoide und Mineralokortikoide, und das kann daher schwere Folgen haben.

Addison-Formen

Wenn die Fehlfunktion in den Nebennieren selbst liegt, was bei 95% der Erkrankungen der Fall ist, spricht man von primärem Hypoadrenokortizismus, mit dem auch eine Schrumpfung (Atrophie) der Nebennieren einhergeht. Wenn die Nebennieren nicht betroffen sind und das Problem in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) liegt, dann schüttet diese zu wenig bis gar kein ACTH aus, ein Hormon, das für die Cortisolproduktion in den Nebennieren verantwortlich ist. In diesem Fall ist das Hormon Aldosteron nicht betroffen, und man spricht von einem sekundären Hypoadrenokortizismus.

Gelegentlich ist in der Veterinärmedizin auch von atypischem Hypoadrenokortizismus die Rede. Dieser Begriff wird von unterschiedlichen Fachautoren unterschiedlich verwendet. Der New Yorker Tierarzt Dr. Mark E. Peterson z. B. bezeichnet als atypischen Hypoadrenokortizismus ein frühes Stadium des primären Hypoadrenokortizismus, bei dem nur ein Teil der Nebennierenrinde komplett zerstört ist, während z. B. Dr. Wendy Brooks vom Mar Vista Animal Medical Center in Los Angeles den Begriff synonym mit dem des sekundären Hypoadrenokortizismus verwendet. Einigkeit herrscht aber allgemein darüber, dass Mechanismus und Zusammenhänge des atypischen Hypoadrenokortizismus bis heute nicht wirklich erklärbar sind.

Ursachen der Fehlfunktion

Die Ursache für den primären Hypoadrenokortizismus sind in den allermeisten Fällen Autoimmunerkrankungen; diese Addisonform kann in sehr seltenen Fällen aber auch als Folge von Blutungen, Entzündungen, Infarkten oder Tumoren entstehen. Eine immunbedingte Zerstörung der Nebennieren geht oftmals mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), Diabetes Mellitus oder Hypoparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenunterfunktion) einher.

Eine häufige Ursache für den sekundären Hypoadrenokortizismus sind Cortisongaben. Sie unterdrücken die natürliche Cortisolproduktion des Organismus und können ebenfalls zu einer Schrumpfung der Nebennieren führen. Das kann schon nach wenigen Tagen einer solchen Cortisonmedikation eintreten. Ein abruptes Absetzen kann darüber hinaus Symptome eines Hypoadrenokortizismus hervorrufen. Das grösste Risiko geht von Depot-Cortisonen aus, welche die Nebennierenfunktionen bis zu 6 Wochen  lang ausschalten können. Aber auch Medikamente wie Mitotan, Vetoryl oder Ketokonazol zur Behandlung von Cushing (Hyperadrenokortizismus) können Addison verursachen.

Mitotan wird heute noch gelegentlich in manchen Cushing-Fällen eingesetzt. Dazu muss man aber wissen: Wenn unter Mitotan einmal eine Nebennieren-Unterfunktion eingetreten ist, lässt sich diese  nicht mehr rückgangig machen, wohl aber nach Absetzen der anderen beiden Medikamente.

Symptome

In der Regel treten Symptome des Hypoadrenokortizismus erst mit der Zeit auf und können kommen und gehen, so dass es für Tierbesitzer*innen oft schwer ist, den Gesundheitszustand des Hundes bzw. der Katze richtig einzuschätzen. Sie ordnen dann evtl. die Symptome auch anderen Ursachen wie Alter oder Überhitzung, Unterkühlung o. ä. zu. So kann es passieren, dass oftmals schon fast 90% der Nebennieren-Hormonreserven aufgebraucht sind, bevor ein Tier überhaupt Symptome zeigt. Manchmal ist es erst eine Stresssituation, die die Symptome voll zum Ausbruch kommen lässt. Leider ist der Hypoadrenokortizismus in vielen Fällen dann aber schon so weit fortgeschritten, dass er lebensbedrohlich sein kann.

Symptome

Typische Symptome eines Morbus Addison sind:

- Appetitlosigkeit
- Antriebslosigkeit
- Gewichtsverlust
- Erbrechen
- Durchfall
- Blut im Stuhl
- Schüttelfrost
- vermehrtes Urinieren und Trinken
- Bauchschmerzen.

Nicht alle Tiere mit Addison zeigen alle Symptome. Jedoch können diese heftiger sein, wenn beide Hormone (Cortisol und Aldosteron) betroffen sind, also bei primärem Hypoadrenokortizismus. Dann können auch schwere Austrocknung, gastrointestinale Blutungen und Anfälle (bedingt durch Unterzuckerung und Elektrolyte-Verschiebungen) auftreten.

Bei der gefährlichsten Form des Hypoadrenokortizismus, der sog. Addisonkrise können sich Puls und Herzschlag verlangsamen, das Tier kollabiert und muss dann sofort medizinisch notversorgt werden. Eine nicht sofort behandelte Addisonkrise kann zum Tod des Tiers führen.

Diagnostik

So uneinheitlich, wie die Symptome bei einem Addison-Tier sind, so schwierig und oftmals widersprüchlich ist auch die Diagnose. Bei den Blutwerten sieht man sowohl Anämien als auch erhöhte rote Blutwerte (aufgrund der Austrocknung), auch im weissen Blutbild kann es Verschiebungen in die eine oder andere Richtung geben. Calcium und Phosphat und einige Leberwerte können erhöht sein; Eiweiss-, Zucker und Fettwerte können niedrig liegen.

Bildgebende Verfahren bringen beim Addison nur wenige Vorteile.

Der Gold-Standard zur Addison-Diagnose ist der ACTH-Test. Zu testende Tiere dürfen 12-24 Stunden vorher kein Cortison erhalten haben; denn sowohl Hydrocortison und Prednisolon als auch Prednison können falsch erhöhte Cortisolmessungen verursachen. Die Applikation von Dexamethason beeinflusst die Cortisolmessung zwar nicht, kann aber bei gesunden Tieren zu falsch niedrigen Ergebnissen führen.

Beim ACTH-Test wird dem Tier Blut abgenommen, anschliessend wird ACTH intravenös verabreicht, und nach einer Stunde wird erneut Blut abgenommen. Das Ergebnis eines unter dem Referenzwert des Labors liegenden Cortisol-Basalwerts und eines ebenso niedrigen Stimulationswerts spricht eindeutig für einen Hypoadrenokortizismus.

Beim primären Hypoadrenokortizismus sind zusätzlich niedrige Natrium- und erhöhte Kalium-Werte zu beobachten; ein Natrium-Kalium-Quotient von unter 27 ist ein deutliches Anzeichen.

Beim sekundären Hypoadrenokortizismus hingegen liegen die Elektrolyte im Normalbereich. Sollte nur einer der beiden Werte aus der Norm tendieren, so können andere Ursachen als die eines primären Addison vorliegen. 

Therapie

Im Fall einer Addison-Krise, die nur bei Fällen von primärem Hypoadrenokortizismus auftritt, müssen dem Tier auf dem schnellsten Weg Elektrolyte-Infusionen sowie Glucocortikoide, vorzugsweise Hydrocortison, verabreicht werden. Tierhalter*innen mit Addison-Tieren sind gut beraten, sich präventiv für einen solchen Ernstfall beim Tierarzt die entsprechenden Mittel zur Erstversorgung zu beschaffen.

Es gibt Unterschiede in der Langzeit-Therapie des primären und sekundären Hypoadrenokortizismus. In beiden Fällen geht es natürlich darum, die fehlenden Hormone zu ersetzen. Im Fall des primären Hypoadrenokortizismus fehlen aber – wie beschrieben - sowohl Glucocortikoide als auch Mineralcortikoide, so dass beide substituiert werden müssen. Im Fall des sekundären Hypoadrenokortizismus werden nur die Glucokortikoide ersetzt. Die Dosierung ist mit dem Tierarzt zu besprechen.

Prognose

Mit der entsprechenden Behandlung haben Addison-Tiere eine exzellente Prognose. Ein Hund z. B. kann, wenn er gut eingestellt ist, seine Lieblings-Aktivitäten wieder aufnehmen und ein ganz normales Leben führen. Voraussetzung ist eine lebenslange medikamentöse Therapie und deren Überwachung durch Tierhalter und Tierarzt.

Anmerkung: Dieser Beitrag - sowie auch andere in diesem Portal - ersetzt keinesfalls den Besuch beim Tierarzt!

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