Die Unterfunktion der Schilddrüse

Die Unterfunktion der Schilddrüse

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Die Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) kann eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität eines Hundes sein; dabei ist sie in der Regel recht einfach zu behandeln. Neben Diabetes Mellitus und der Überfunktion der Nebennierenrinde (Cushing Syndrom/Hyperadrenokortizismus) ist sie die dritthäufigste hormonelle Erkrankung des erwachsenen Hundes.

Da die Krankheit sich langsam und schleichend entwickelt und ihre Anfangssymptome oft übersehen oder für Alterserscheinungen gehalten werden, wird sie häufig zu spät erkannt, meistens erst dann, wenn der Hund zunehmend schwächer erscheint, lethargisch oder apathisch  wirkt, wenn das Haarkleid nicht mehr so schön ist, das Fell sich verfärbt oder wenn er vielleicht sogar Hautentzündungen hat.

Andererseits gehört die Schilddrüsenunterfunktion zu „den am meisten überdiagnostizierten hormonellen Erkrankungen des Hundes“ (vgl. Hämmerling, S. 25), da viele ihrer Symptome wie Haarausfall, Gewichtzunahme ohne gesteigerten Appetit, Hautveränderungen, Verhaltens- und/oder neurologische Probleme und Lethargie auch bei anderen Erkrankungen auftreten können.

Das bedeutet, dass es bei der tierärztlichen Abklärung nicht nur auf die Beurteilung der Schilddrüsenwerte alleine ankommt, sondern dass weitere Untersuchungen durchgeführt werden müssen, um die Diagnose zu sichern und um etwaige andere Erkrankungen wie Cushing, Leber-/Nierenerkrankungen, Diabetes, Tumore, Anfallsleiden, Herzerkrankungen, etc. auszuschließen.

Wenn niedrige Schilddrüsenwerte gemessen werden, muss es daher nicht immer an der Schilddrüse selbst liegen, sondern es kann sich dann genauso gut um das Euthyroid Sick Syndrome (ESS), auch Non-Thyroidal Illness (NTI) genannt, handeln. Das bedeutet, die Schilddrüse „reagiert mit“ aufgrund einer oder mehrerer der o.g. Erkrankungen.

Wenn demnach diese anderen möglichen Erkrankungen ausgeschlossen worden sind und verschiedene Testergebnisse nahe legen, dass es sich tatsächlich um eine Unterfunktion der Schilddrüse handelt, dann erst kann auch therapeutisch eingegriffen werden. Zum Glück lässt sich die Hypothyreose in den meisten Fällen sehr gut behandeln, so dass der Hund wieder Lebensqualität hat und die meisten Begleiterscheinungen abklingen.

Entstehung der Hypothyreose

Was ist Hypothyreose und wie kommt es dazu? In mehr als 95% der Fälle handelt es sich beim erwachsenen Hund um eine primäre Hypothyreose, bei der die Schilddrüse selbst zerstört wird. Ursächlich dafür ist in der Regel eine lymphozytäre Thyreoiditis, also eine Entzündung der Schilddrüse, bedingt durch das Eindringen von einer Unterart der weißen Blutkörperchen, den Lymphozyten, in das Schilddrüsengewebe. Dabei wird die Schilddrüse nicht nur von Lymphozyten, sondern nach und nach auch noch von einer Reihe anderer „feindlicher“ Zellen (Plasmazellen und Makrophagen) infiltriert, bis sie – eben langsam und schleichend – irgendwann ganz zerstört ist. Der ganze Prozess kann bis zu vier Jahren dauern, denn der üblicherweise bei Routine-Untersuchungen gemessene Schilddrüsenwert T4 kann sich bis zu einer 50%igen Zerstörung der Schilddrüse immer noch im Normbereich bewegen, weswegen die Diagnose der Unterfunktion oft viel zu spät gestellt wird.

Es wird vermutet, dass eine Autoimmunerkrankung für diesen Vorgang der Zerstörung der Schilddrüse verantwortlich ist; fest steht allerdings, dass hier eine erbliche Komponente eine Rolle spielt, die vor allem mittlere bis große Hunde betrifft.

Die so genannte idiopathische Atrophie (eine deutlich wahrnehmbare Gewebeabnahme ohne erkennbare Ursache), bei der das Schilddrüsengewebe durch Fettgewebe ersetzt wird, ist vermutlich kein eigenständiger pathologischer Vorgang, sondern – wie einzelne Fachleute schreiben (vgl. Hämmerling u. Nelson/Couto) - das Endstadium dieser oben beschriebenen Schilddrüsenzerstörung.

Eine sekundäre Schilddrüsenunterfunktion ist beim erwachsenen Hund eher selten. Sie kann z. B. als Folge eines Hypophysen-Tumors auftreten oder durch eine Therapie mit Schilddrüsenhormonen verursacht sein. Im letzteren Fall normalisiert sich in der Regel nach Absetzen der Hormone die Schilddrüsenfunktion wieder.

Weitere – von außen zugeführte (iatrogene) - Auslöser einer sekundären Hypothyreose können verschiedene Medikamente wie Glukokortikoide, eine Bestrahlungstherapie oder eine Behandlung mit radioaktivem Jod sein.

Symptome und klinische Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion

Es sind unzählige Symptome, die bei schilddrüsenkranken Hunden auftreten können. Nicht immer treten alles Symptome zusammen auf, und sie treten vor allem auch nicht in gleich starkem Maße auf.

Veränderungen im Verhalten

TierhalterInnen bemerken häufig als erstes Verhaltensänderungen sowie Veränderungen im Erscheinungsbild ihres Hundes, dazu gehören Lethargie (Unlust), körperliche Schwäche und Gewichtszunahme, oft auch ein traurig wirkender Gesichtsausdruck.

Aber nicht nur: Auch Aggressivität und Nervosität können bei Hunden mit autoimmun bedingter Schilddrüsenunterfunktion auftreten, wie die amerikanische Tierärztin Jean Dodds in verschiedenen veterinärmedizinischen Fachbeiträgen betont.

Haut und Erscheinungsbild

Über 85% der Hunde mit Schilddrüsenunterfunktion zeigen Veränderungen der Haut. Oftmals werden stumpfe, trockene Haut, Haarausfall (Alopezie), Seborrhoe, Fellverfärbung, bakterielle Hautentzündung (Pyodermie) mit schlechter Wundheilung und Gehörgangsentzündung (Otitis Externa) beobachtet.

Laborwerte

Auch in den Blutwerten gibt es in der Regel diverse Veränderungen: Bis zu 80% der Hunde mit Hypothyreose haben eine Erhöhung von Cholesterin (Hypercholesterinämie) und bis zu 50% eine milde Anämie (meistens nicht-regenerativ, normochrom und normozytär).

Neurologische Symptome

Neurologische Symptome kommen vor, sind aber eher selten (4%). Infolge einer Schilddrüsenunterfunktion kann das Vestibularsyndrom mit Gesichtslähmung bzw. Kopfschiefhaltung auftreten. Auch epileptische Anfälle können vorkommen, ebenfalls erwähnt von verschiedenen amerikanischen Tierärzten, s. hier.

Herz-Kreislaufsystem

Die Folgen einer Hypothyreose für das Herz-Kreislaufsystem sind vielfältig, aber in der Regel recht mild. Es können Verlangsamung des Herzschlags (Bradykardie), Herzrhythmus-Störungen und verminderte Kontraktilität des linken Herz-Ventrikels vorkommen.

Weitere Symptome

Man liest auch von einem Zusammenhang zwischen einem Megaösophagus (Ausweitung der Speiseröhre), manchmal auch einer Kehlkopflähmung (Larynxparalyse) und Hypothyreose; allerdings sind diese Vermutungen bisher nicht gesichert.

Diagnose der Hypothyreose

Labortests

In der Regel werden zur Diagnostik der Schilddrüsenfunktion die Schilddrüsenhormone herangezogen. Da die Schilddrüsenfunktion - wie beschrieben - durch diverse andere Erkrankungen und durch Medikamente beeinflusst werden kann, ist eine Diagnosestellung häufig sehr schwierig. Außerdem sind die beschriebenen Symptome wie Hautveränderungen, Herz-Kreislauf-Probleme, Gewichtsprobleme und Verhaltensveränderungen nicht nur typisch für die Schilddrüsenunterfunktion, sondern ebenfalls für eine Reihe anderer Erkrankungen. Diese müssen bei Verdacht daher zunächst abgeklärt und im zutreffenden Fall behandelt werden.

Als Standard für die Diagnose der Hypothyreose beim Hund gilt die  Bestimmung der Konzentrationen der Schilddrüsenhormone T4 und fT4 sowie die des Hypophysenhormons cTSH (canines Thyreotropin). Da diese aber – wie beschrieben – auch bei anderen Erkrankungen bzw. durch Medikamente verändert sein können, reichen diese Tests alleine oft nicht aus, sondern es werden zur Absicherung der Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion weitere Tests benötigt.

Es gab über längere Zeit einen sehr bewährten und zuverlässigen Test, den TSH-Stimulationstest, der aber leider seit einigen Jahren nicht mehr zur Verfügung steht, weil die hierzu verwendeten bovinen TSH-Präparate vom Markt genommen wurden. Der als Ersatz eingeführte TRH-Stimulationstest besitzt dagegen leider auch nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Da Autoantikörper bei der Zerstörung der Schilddrüse eine Rolle spielen, ist eine Messung von Autoantigenen ebenfalls eine Möglichkeit.

Zusammenfassend stellt hierzu Nelson/Couto fest: „Niedrige T4- und fT4-Serumkonzentrationen und erhöhte cTSH-Konzentrationen bei einem Hund mit dazu passenden klinischen Symptomen und klinisch-pathologischen Veränderungen sind deutliche Hinweise auf eine Hypothyreose. Ein gleichzeitiger Nachweis von Tg-Autoantikörpern spricht für eine lymphozytäre Thyreoiditis als Ursache der Hypothyreose“ (S. 750).

Bildgebende Verfahren

Da die canine Hypothyreose nicht nur eine Funktionsstörung der Schilddrüse ist, sondern auch mit morphologischen Veränderungen einhergeht, kann hier der Ultraschall hilfreich sein. Die bedeutsamsten Strukturveränderungen sind eineVerkleinerung der Schilddrüse und eine Entzündung des Schilddrüsengewebes (Thyreoiditis).

Hier haben wir allerdings das Problem der Größenunterschiede von Hunden, so dass es einer genauen Differenzierung bedarf, d. h., es müssen Vergleichswerte der unterschiedlichen Gewichte des Schilddrüsengewebes zugrunde gelegt werden. Die Gesellschaft zur Förderung kynologischer Forschung (GKF)aus Bonn hat dazu eine Tabelle erstellt, die sicherlich zur Verfügung gestellt werden kann. Laut GKF hat die sonographische Schilddrüsenuntersuchung eine „hohe diagnostische Aussagekraft“ mit einer Sensitivität von 81% und einer Spezifität von 96%.

Therapie der Hypothyreose

Zur Therapie der Hypothyreose wird in der Regel synthetisches L-Thyroxin-Natrium eingesetzt. Eine Kontrolle des T4-Spiegels sollte ca. 4 Wochen nach Beginn der Therapie durchgeführt werden. Dabei sollte die Blutabnahme entweder vor Tablettengabe oder 4-6 Stunden nach Tablettengabe erfolgen. Ziel ist ein T4-Spiegel vor Tablettengabe im unteren Referenzbereich und bei Testung 4-6 Stunden nach Tabletteneingabe im oberen Referenzbereich.

Es ist wichtig, in der Anfangszeit der Therapie die Dosierung regelmäßig mithilfe von Labortests zu überprüfen. Bei Hunden mit Herzproblemen muss die Anfangsdosierung niedriger liegen.

Quellen:

Hämmerling, R. (2009): Praxis der endokrinologischen Krankheitsbilder bei Hund und Katze, S. 22–42
R. W. Nelson und Couto, C. G. (2006): Innere Medizin der Kleintiere, S. 737-756

Anmerkung: Dieser Beitrag - sowie auch andere in diesem Portal - ersetzt keinesfalls den Besuch beim Tierarzt!

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