Wurmkuren sind keine Kuren

Wurmkuren sind keine Kuren

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Der Begriff "Wurmkur" ist irreführend, denn er suggeriert, dass es sich bei der Behandlung mit einem  "Entwurmungs"mittel um eine Kur handelt. Aus meiner Sicht ist dieser Begriff  aber verharmlosend, auch wenn  "Entwurmungs"-SkeptikerInnen die Gefahren von Wurmmitteln wahrscheinlich überschätzen.

Wie bei den meisten medizinischen Fragen geht es wohl auch hier darum, das Für und Wider von Wurmbehandlungen in jedem Einzelfall abzuwägen. Kann die regelmäßige Verabreichungn solcher Mittel schädlich sein? Gibt es da Nebenwirkungen und wenn ja, welche?

Und wie gefährlich sind Parasiten im Organismus eines Haustiers? Und wie sieht es aus mit einer Übertragung auf andere Haushaltsmitglieder, vor allem, wenn dort auch Kinder sind?

Ja, Würmer können den Darm sowie innere Organe des Haustiers schädigen; das kann dann dazu führen, dass es kontinuierlich abnimmt, Durchfall und Appetitlosigkeit, aber auch Haut- und Fellkrankheiten entwickelt. Ein lange anhaltender Befall kann die inneren Organe stark und nachhaltig schädigen, weswegen Tierärzte mehrere Behandlungen im Jahr empfehlen, um das zu verhindern.

Darmparasiten - egal welcher Art - können also, wenn sie überhand nehmen, eine große Belastung für das Tier darstellen und müssen bekämpft werden, obwohl gesunde Tiere mit einer geringen Anzahl von Würmern durchaus fertig werden können.

Freigängerkatzen, die gelegentlich Vögel und Mäuse vertilgen, stecken sich sehr häufig mit Bandwürmern an; Hunde können sich leicht über den Kontakt mit anderen infizierten Hunden anstecken. Sie können aber auch parasitenfrei sein. Und ja, die Würmer unserer tierischen Mitbewohner sind auch für Menschen ansteckend. Was gefährlich sein kann, wenn in einem Haushalt auch Kinder leben, die engen Kontakt zu den Haustieren haben und/oder, wo die Tiere auch mit im Bett schlafen, was ja häufig vorkommen soll..

Einer der größten Irrtümer, die bezüglich Wurmbehandlungen existieren, ist der, dass das Tier nach einer solchen für eine Weile geschützt ist. Dem ist aber leider nicht so. Sogenannte "Entwurmungen" haben keine vorbeugende Wirkung wie beispielsweise Impfungen, die über längere Zeit vor bestimmten Infektionen schützen, oder wie Mittel gegen Zecken und Flöhe, die einen mehrwöchigen Schutz bieten, bevor eine Neuinfektion stattfinden kann.

Selbst eine mehrmalige "Entwurmung" im Jahr kann das nicht leisten. In einer Schweizer Studie mit über 500 Hunden wurde z. B. festgestellt, dass TierbesitzerInnen und TierärztInnen nicht von einer dauerhaften Wurmfreiheit  ausgehen können, auch wenn ihr Tier sogar viermal im Jahr "entwurmt" wird. Hierauf verweisen die VeterinärmedizinerInnen der Universitäten Bern und Zürich im Fachjournal "Parasitology Research"(1).

Übrigens ist auch der Begriff "ent-wurmen" irreführend, denn er bedeutet, vorhandene Würmer zu entfernen. Es kann aber gut  sein, dass das jeweilige Haustier gar keine Würmer hat. Ein bisschen kommt das sicherlich auch auf den Allgemeinzustand des Tiers und auf seine Ernährung an. Hunde und Katzen, die naturnah ernährt werden, also eher mit selbst zubereitetem frischem und nicht mit industriell hergestelltem und hochverarbeitetem Futter, sollen auch ganz gut mit Parasiten fertig werden.

Diese Erfahrung habe ich jedenfalls bei unseren Haustieren gemacht, die auch mit mehrfachen tierärztlich untersuchten Kotproben nicht befallen waren. Wir verzichten daher auf Wurmbehandlungen, solange keine Auffälligkeiten bzw. keine der oben beschriebenen Symptome vorliegen. Aber das ist - wie gesagt - keine Empfehlung, sondern nur eine Folge unserer individuellen Erfahrungen.

Was Nebenwirkungen von Wurmbehandlungen betrifft, so verneint die Fachwelt wie beispielsweise ESCCAP (2) - die Europäische Fachgruppe zu Parasiten bei Tieren -  und vor allem auch die meisten TierärztInnen, dass Entwurmungsmittel schädliche Gifte enthielten. Laut dieser und anderer veterinärmedizinischer Quellen sollen die Wirkstoffe nur dem Parasiten schaden und gravierende Nebenwirkungen äußerst selten vorkommen.

In der Beschreibung von Milbemax, einem der häufigsten Wurmmittel, steht - wenn auch als sehr seltene Nebenwirkung: "Überempfindlichkeitsreaktionen, systemische Symptome (wie Lethargie), neurologische Symptome (wie Muskelzittern und Ataxie) und/oder gastrointestinale Symptome (wie Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigkeit und Speicheln) wurden nach der Behandlung von Hunden mit dem Tierarzneimittel ... beobachtet." (3)

Wie wir alle wissen, gibt es keine Mittel ohne Nebenwirkungen, auch wenn sie selten vorkommen. Oftmals sind wir allerdings gezwungen, Medikamente einzunehmen und nehmen deren Nebenwirkungen in Kauf. Wenn solche medikamentösen Behandlungen vorübergehender Natur sind, erholt sich der Organismus womöglich schnell wieder. Aber eine Dauerbehandlung mit einem noch so harmlosen Anthelminthikum? Ich bin da skeptisch.

Der Hundetrainer Martin Rütter schreibt: "Es ist daher in jedem Fall für den Körper des Hundes eine Belastung. Auch wenn ein Hund nach der Gabe einer Wurmkur keine Auffälligkeiten zeigt, kann es durch die chemischen Inhaltsstoffe des Mittels dennoch zu einer Schädigung kommen, gerade nach einer dauerhaften, jahrelangen Anwendung. Natürlich ist es fahrlässig, einen mit Würmern befallenen Hund nicht zu entwurmen. (...)  Warum sollte man aber einen gesunden Hund, welcher gar keine Würmer hat, entwurmen und ihn so mit all den chemischen Stoffen belasten?"(4)

Wurmmittel bergen aber auch noch ganz andere Gefahren. Eine ganze Reihe von Wirkstoffen in den Antiparasitika sind für Hunde mit einer MDR1-Belastung äußerst gefährlich, für bestimmte Hunderassen können sie sogar tödlich sein. Dazu gehören z. B. alle Mittel, die den Wirkstoff Ivermectin enthalten. In diesem Fall fehlt ein funktionsfähiges MDR1-Transportsystem in allen Geweben, und die Behandlung nicht nur mit Wurmmitteln, sondern auch mit anderen Medikamenten kann erhebliche Probleme bereiten. (5 und 6)

Wer eine routinemäßige Entwurmung vermeiden möchte, hat die Möglichkeit, erst einmal einen Wurmtest zu machen. Dabei wird der Kot von drei Tagen gesammelt und im Labor untersucht. Allerdings ist auch ein negativer Wurmtest keine Garantie für Wurmfreiheit, da sich die Parasiten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden können und daher oft nicht aufzufinden sind, so dass man den Test ggfs. öfter machen lassen sollte. Bei Befall kann man dann immer noch das geeignete Wurmmittel verabreichen.

Tierarztpraxen haben in der Regel das Instrumentarium, um Kotproben auf die gängigsten Wurmarten zu untersuchen. Es gibt aber auch diverse andere Möglichkeiten (die auch relativ günstig sind), um Kotproben auf alle verbreiteten Erreger analysieren zu lassen, z. B. bei der Tierhochschule Hannover.  Auf den Seiten der Hochschule findet man entsprechende Infos. Auch andere Labore, wie z. B. Barutzki aus Freiburg und Vetevo in Potsdam, führen solche Analysen durch.

Bitte, bleiben Sie und Ihre Tiere parasitenfrei und gesund!

Quellen:

1. H Sager  1 , Ch Steiner Moret, F Grimm, P Deplazes, M G Doherr, B Gottstein: Coprological study on intestinal helminths in Swiss dogs: temporal aspects of anthelminthic treatment- 2006
2. https://www.esccap.de/wurmkuren-antworten-auf-fragen-zu-nebenwirkungen/
3. https://www.vetpharm.uzh.ch/tak/05000000/00055998.01
4. https://www.martinruetter.com/detmold-herford/news/details/artikel/sollten-hunde-entwurmt-werden/
5. https://vet-magazin.de/wissenschaft/kleintiermedizin/hundemedizin/MDR-1-Defekt.html
6. https://www.tiho-hannover.de
7 https://www.anicura.de/tierarztliches-labor-freiburg/
8. https://vetevo.de/collections/wurmtest-hund

Anmerkung: Dieser Beitrag - sowie auch andere in diesem Portal - ersetzt keinesfalls den Besuch beim Tierarzt!

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