Wir haben unsere Katze Lizzy an diese schreckliche Krankheit verloren. Daher ist ihr diese Seite gewidmet.
Weil mehrere Tierärzte über längere Zeit Lizzy fehldiagnostiziert und entsprechend fehlbehandelt haben, wurde ihre Lebenszeit traurigerweise verkürzt und ihre Leidenszeit auf unnötige Weise verlängert.
Cushing ist eine lebensbedrohliche Erkrankung. Da sie bei Katzen sehr selten vorkommt, wird sie meistens erst sehr spät oder gar nicht erkannt und führt dann oftmals innerhalb weniger Monate zum Tod der Katze.
Mit der Beschreibung von Symptomatik, Diagnostik und Therapie möchte ich daher gerne anderen Katzehalterinnen dabei helfen, diese Krankheit schneller zu erkennen, um somit die Überlebenschancen und die Lebensqualität eventuell betroffener Katzen zu verbessern. Bei Cushing (Synonym für Morbus Cushing, Nebennierenrindenüberfunktion, Hyperadrenocortizismus, Hypercortisolismus) handelt es sich um eine chronische Erhöhung des körpereigenen Hormons Cortisol im Organismus des jeweiligen Lebewesens.
Verantwortlich für diese Überproduktion von Cortisol ist in der Regel ein winziges Adenom (gutartiger Tumor) an der Hirnanhangdrüse. Dieser kommt bei 85% der an Cushing leidenden Katzen vor (hypophysärer Cushing); bei ca. 15% der Tiere liegt die Ursache bei einem Tumor der Nebennierenrinde (adrenaler Cushing).
Auch eine übermäßige und länger andauernde Zufuhr an synthetischem Cortison kann zu Cushing führen. In diesem Fall handelt es sich um iatrogenen Cushing, der meistens leichter zu behandeln ist als primärer Hyperadrenocortizismus, und in der Regel auch heilbar ist.
Symptome
Eine Reihe von Symptomen können auf Cushing hinweisen:
* übermäßiges Trinken (Polydipsie)
* übermäßiges Urinieren (Polyurie)
* übermäßiges Fressen (Polyphagie)
* Fettansammlung am Rumpf (Adipositas)
* ungepflegt wirkendes Fell mit Haarausfall (Alopezie)
* Papierhaut und Hautrisse
* insulinresistenter Diabetes
Oftmals fällt als erstes das übermäßige Trinken (verbunden mit häufigem Wasserlassen) der Katze auf. Manchmal führt der Harndrang auch zur Unsauberkeit, weil das Tier es nicht schafft, die Katzentoilette rechtzeitig zu erreichen. Auch ein ständiger Heißhunger (nicht selten auf völlig katzen-untypische Nahrungsmittel) sowie das Stehlen von Lebensmitteln kann KatzenhalterInnen darauf aufmerksam machen, dass etwas nicht stimmt.
Die meisten Cushing-Patienten entwickeln einen Kugelbauch, d. h. es sammelt sich Fett an Rumpf und Bauch an, während die anderen Körperregionen, vor allem die Beine, schlank bleiben.
Lizzy mit Body
Ebenso kann die Haut in Mitleidenschaft gezogen sein, struppig und stumpf aussehen, und das Fell kann an Rumpf und Rücken dünn werden. Bei manchen Tieren fallen dort auch Haare aus und/oder die Haut wird brüchig und löst sich schon bei der kleinsten Berührung ab.
Häufiger als bei Hunden kann bei Katzen ein nicht einstellbarer Diabetes ein Hinweis auf Cushing sein.
Diagnostik
Da viele der oben genannten Symptome auch bei anderen Erkrankungen auftreten, müssen diese differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden, wie beispielsweise Diabetes Mellitus, Diabetes Insipidus, Hyperthyreose (Überfunktion der Schilddrüse) und Nierenerkrakungen, bei denen ebenfalls das Trink- und Urinierverhalten gesteigert sein oder Hautprobleme auftreten können.
Viele verschiedene Untersuchungen sind notwendig, um den Verdacht auf Cushing zu bestätigen oder auszuschließen. Ein einzelnes isoliertes Untersuchungsverfahren kann keinesfalls zuverlässig Auskunft über diese hormonelle Erkrankung geben. Übliche Untersuchungen sind:
* die körperliche Untersuchung
* die Bauchraum-Sonographie
* die Vermessung der Nebennierendrüsen
* die Laboruntersuchung des Blutes (großes Screening)
* die Harnuntersuchung
* der Urin-Cortisol-Kreatinin-Ratio-Test
* der ACTH-Stimulations -Test (nicht wirklich gut geeignet)
* der Low-Dose-Dexamethason-Test (Achtung: die 10fache Hunde-Dosis!)
Bei der körperlichen Untersuchung werden die Temperatur, der Blutdruck, die Fellbeschaffenheit, der Ernährungszustand und das Allgemeinbefinden der Katze untersucht.
Die Sonographie gibt Auskunft über die die inneren Organe der Katze, vor allem über deren Größe und Beschaffenheit. Bei Auffälligkeit werden die Nebennieren vermessen, die bei Cushing häufig vergrößert sind. Sind beide Nebennieren vergrößert, so deutet dies auf hypophysären Cushing hin; bei einer einseitigen Vergrößerung auf adrenalen Cushing.
Die Auswertung von Proben des Blutes und des Harns dienen der weiteren Abklärung, da sich in der Regel bei Cushing einige Blutparameter als auffällig darstellen und das spezifische Gewicht des Harns ebenfalls von der Norm abweichen kann. Weitere Tests, bei denen Substanzen oral oder durch Injektionen zugeführt werden, um bestimmte Reaktionen des körpereigenen Cortisolaustoßes der Katze zu testen, dienen der letztendlichen Absicherung bzw. dem Ausschluss der Cushing-Diagnose.
Falls Sie sich für diese Verfahren interessieren, schauen Sie bitte hier (Achtung: sehr fachspezifisch).
Therapiemöglichkeiten
Operation
Operative Verfahren, die die ein- oder beidseitige Entfernung der Nebennieren oder des Tumors an der Hypophyse zum Gegenstand haben, werden zwar hin und wieder durchgeführt, sind aber wegen der hoch aufwändigen chirurgischen Spezialtechniken und vor allem wegen der post-operativen Komplikationen kaum zu empfehlen. Die Überlebensrate bzw. nachoperative Lebenserwartung waren bisher alles andere als viel versprechend.
Im Fall des hypophysären Cushing ist eine medikamentöse Therapie sinnvoll. Bis ca. 2005 wurden die Mittel Lysodren und Ketoconazol eingesetzt; welche allerdings oftmals starke Nebenwirkungen verursachten. Inzwischen hat sich das Medikament Vetoryl bewährt, das die Cortisolauschüttung im Organismus begrenzt. Dieses Präparat ist nur über den Tierarzt zu beziehen und existiert in verschiedenen Stärken. Für die Katze kommen insbesondere die 5mg und 10 mg -Präparate in Frage. Achtung: Katzen mit Niereninsuffizienz oder mit schwerem Leberschaden sollten nicht mit diesem Medikament behandelt werden.
Wichtige Hinweise zur Therapie mit Vetoryl:
In sehr vielen Fällen wird Vetoryl anfangs zu hoch dosiert. Dies kann gefährliche Auswirkungen haben. Wenn die Katze unter Appetitlosigkeit, Erbrechen und/oder Durchfall leidet, apathisch wird und sich zurückzieht, dann kann dies an einer Überdosierung des Vetoryl liegen. Es kommt in diesem Fall zu einer Unterfunktion der Nebenniere, einer sogenannten Nebennierenrindeninsuffizienz (Addison). Dann sollte sofort der Tierarzt aufgesucht werden. Die Therapie mit Vetoryl sollte bei diesem Symptombild sofort für mindestens eine Woche abgesetzt und anschließend mit einer geringeren Dosierung fortgesetzt werden.
Im Fall einer Addison-Krise, die zum Tod des Tieres führen kann, muss sofort der Tierarzt aufgesucht werden. Die Katze muss dann Infusionen und eine Therapie mit einem Cortison-Präparat bekommen.
Hier sieht man den Kugelbauch deutlich
Die Anfangsdosierung von Vetoryl ist im Beipackzettel der Hersteller-Firma mit 2.2-6.7 mg/kg Körpergewicht angegeben. Diese Dosierung hat nach den langjährigen Erfahrungen in der Fachgruppe hundevital (in der auch Halterinnen von Katzen mit Cushing-Syndrom Mitglieder sind) bei vielen Tieren zu den oben erwähnten Addison-Erscheinungen geführt. Daher wird dort immer empfohlen, wesentlich niedriger einzusteigen. Die besten Erfahrungen wurden in der Gruppe mit einer Einstiegssdosierung von 1-2 mg pro kg Körpergewicht gemacht. Auch bekannte Endokrinolog*innen empfehlen inzwischen einen niedrigeren Start mit dem Präparat Vetoryl. So z. B. Zeugswetter, ein Veterinär-Uni-Klinik Wien:
„Die Praxis hat gezeigt, dass bereits wesentlich geringere Dosierungen als im Beipackzettel angegeben ausreichen, wodurch die Nebenwirkungsrate auf 5 Prozent gesenkt werden konnte.“
Auch die Expertin für hormonelle und innere Erkrankungen, Frau Professor Reusch von der Vet-Uni Zürich empfiehlt bei kleinen Tieren unter 10 kg eine Anfangsdosierung von maximal 8 - 10 mg Vetoryl.
Laut einer Studie des amerikanischen Veterinärs Dr. Edward C. Feldmann war die durchschnittliche Anfangs-Vetoryl-Dosierung der an Cushing erkrankten und in seiner Studie getesteten Hunde 1,78 mg pro KG Köerpergewicht, aufgeteilt auf eine oder zwei Tagesgaben die optimale Einstellung.
Vetoryl sollte immer mit etwas Futter verabreicht werden.
Therapiekontrolle
Nach Beginn der Vetoryl-Therapie muss mithilfe von Kontrolltests regelmäßig überprüft werden, ob die Vetoryl-Dosierung noch stimmt. Daher wird nach etwa 10-14 Tagen mit unveränderter Dosierung ein Kontrolltest, der sog. ACTH-Stimulations-Test, durchgeführt. Es ist sehr wichtig, dass der Test 2-4 Stunden nach der Vetorylgabe stattfindet, weil in dieser Zeitspanne die höchste Konzentration des Medikaments erreicht wird.
Zudem empfiehlt sich eine Blutuntersuchung mit Kontrolle der Nieren- und Leberwerte sowie der Elektrolyte. Weitere Kontrollen der Dosierung sollten nach 3 bis 4 Wochen und - bei gleichbleibender Dosierung - danach alle 3 Monate stattfinden.
Bei unserer Lizzy hat die Vetoryl-Therapie sofort angeschlagen. Aber leider konnte sich ihre Haut nicht schnell genug erholen, so dass ihre Wunden am Ende nicht mehr behandelbar waren, ohne ihr große Qualen zuzufügen. Wir mussten sie gehen lassen. Sie war einmalig, und die Trauer um sie wird nie aufhören. Wenn Sie weitere Infos wünschen, melden Sie sich bitte in unserer Gruppe hundevital an.
Quellen:
* Mueller, R.S. et al. (2005): Iatrogener Hyperadrenokortizismus und Hautfragilität bei zwei Katzen. In: Tierärztliche Praxis Kleintiere 2005 33 5:370-375
* Neiger, R. et al. (2004): Trilostane Therapy for Treatment of Pituitary Dependent Hyperadrenocorticism in 5 Cats. In: J Vet Intern Med 2004 18 160-164
*Reusch, C. E. (2011): Hyperadrenokortizismus. In: 42. Jahresversammlung der SVK, Interlaken, Switzerland, 19 May 2011 - 21 May 2011
* Rohrer Kaiser: C. (2005): Das Cushing-Syndrom bei der Katze
* Hämmerling, R. (2009) Praxis der endokrinologischen Krankheitsbilder bei Hund und Katze
© Victoria Caesar - Alle Rechte vorbehalten
Anmerkung: Dieser Beitrag - sowie auch andere in diesem Portal - ersetzt keinesfalls den Besuch beim Tierarzt!
Unterstützung in Hundefragen hier:
Unterstützung in Katzenfragen hier:
Die Inhalte dieses Portals dürfen nur mit schriftlich erteilter Genehmigung der Autor*innen vervielfältigt oder woanders veröffentlicht werden. Anfragen dazu auf der Kontaktseite.