Diabetes Insipidus ist nicht zu verwechseln mit der Zuckerkrankheit Diabetes Mellitus. Es handelt sich aber ebenfalls um eine hormonelle Erkrankung, die sowohl Hunde als auch Katzen bekommen können. Allerdings ist sie äußerst selten, so dass die Erfahrungen mit D. I. nicht gerade üppig sind. Unser Kater Carlos (geb. 1994) hatte diese Erkrankung; allerdings erst im hohen Alter von 18 Jahren.
Er litt an extremer Müdigkeit und Abgeschlagenheit.
Die Krankheit beruht auf einem Mangel an dem wichtigen antidiuretischen Hormon (ADH), auch Vasopressin genannt, das im Hypothalamus, einem bestimmten Areal des Gehirns, gebildet wird. ADH bzw. Vasopressin ist entscheidend an der Regulierung des Wasserhaushalts im Organismus beteiligt. Nach seiner Bildung wird das Vasopressin beim gesunden Tier über den Hypophysenstiel vom Hypothalamus in den Hypophysenhinterlappen transportiert. Dort wird es gespeichert und bei Bedarf ins Blut abgegeben. Es befiehlt der Niere, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden. Wenn es fehlt, verliert der Organismus unentwegt viel zu viel Wasser. Die Folge: Die betroffenen PatientInnen leiden an einem quälenden Durst und setzen sehr grosse Urinmengen ab.
Ursachen des Diabetes Insipidus
Beim ADH-Mangel wird zwischen einem zentralen und einem renalen Diabetes Insipidus unterschieden.
Beim zentralen D.I. kann eine kleine Veränderung im Hypothalamus dazu führen, dass kein oder nicht mehr ausreichend ADH produziert und über den Hypophysenstiel vom Hypothalamus in den Hypophysenhinterlappen transportiert werden kann. Oder es kann passieren, dass der Hypophysenhinterlappen das ADH nicht mehr speichern und bei Bedarf ans Blut abgeben kann.
Veränderungen, die diese Fehlfunktion auslösen, sind z. B. flüssigkeitsgefüllte Zysten oder Tumore, die zu fehlerhafter Zellteilung führen können. Sowohl Tumore als auch Zysten können das normale Gewebe des Hypothalamus oder der Hirnanhangsdrüse so stark schädigen, dass die Produktion, die Speicherung und die Ausschüttung des ADH gestört wird und die Menge an ADH im Blut abnimmt.
Andere mögliche Ursachen sind Hirnhautentzündung, Operationen, Blutungen oder Infarkte, die das Gewebe des Hypothalamus oder des Hypophysenhinterlappens schädigen und zu einem ADH-Mangel führen können.
Beim renalen D.I., auch nephrogener Diabetes Insipidus genannt, sind das Gewebe des Hypothalamus, des Hypophysenstiels und des Hypophysenhinterlappens sowie Produktion, Transport und Speicherung von ADH vollständig in Ordnung. Hier gibt es ein anderes Problem, nämlich, dass das Gewebe der Niere verändert bzw. geschädigt ist und die Niere deshalb die Wasserspeicherung nicht leisten kann. Ursachen für eine solche Veränderung des Nierengewebes sind chronische Nierenerkrankungen, bestimmte Medikamente oder angeborene Veränderungen der Erbinformation.
Diagnose des Diabetes Insipidus
Ein Tier, das an D. I. erkrankt ist, fällt in der Regel auf durch große Unruhe, schlechten Fellzustand, sehr häufiges Aufsuchen des Trinknapfes und Urinieren in großen Mengen, oft auch durch unkontrolliertes Wasserlassen. Allerdings - das muss unbedingt auch berücksichtigt werden, können auch andere Erkrankungen wie Blasenprobleme, chronische Niereninsuffizienz, Diabetes Mellitus oder auch Cushing zu gesteigertem Durst führen, so dass alle diese Erkrankungen als Auslöser von gesteigertem Trinkverhalten zuvor ausgeschlossen sein sollten. Erst dann kann die Diagnose Diabetes Insipidus mithilfe verschiedener Untersuchungen gestellt werden. Leider gibt es bisher noch keine Laborunteruschung zur Feststellung des Vasopressin, was die Diagnose erleichtern könnte.
Bei der Urinuntersuchung ergibt sich meistens ein geringes spezifisches Gewicht; Blutuntersuchungen dienen überwiegend dem Ausschluss der oben genannten Krankheiten (bei Katzen kommt auch die Schilddrüsenüberfunktion in Frage).
Weitere diagnostische Möglichkeiten sind der sog. Durstversuch* oder die Gabe von Desmopressin, einem künstlich hergestellten Hormon, das den Mangel an ADH ausgleichen soll. Die Magnetresonanztomographie (MRI) oder Computertomographie (CT) stellen für Tiere erhebliche Belastungen dar, sind aber in der Humanmedizin Standard zur Feststellung der Diagnose D.I.
* Den Durstversuch halte ich allerdings nach meinen Erfahrungen mit dieser Erkrankung für äußerst impraktikabel, um nicht zu sagen grausam, da ein längerer Wasserentzug für ein erkranktes Tier einer Folter gleich kommt.
Therapie
Die Behandlung des ADH-Mangels hängt von seiner Ursache ab. Bei einem zentralen Diabetes Insipidus, der wegen einer Veränderung des Hypothalamus, des Hypophysenstiels oder des Hypophysenhinterlappens zustande kommt, muss der Betroffene lebenslang Desmopressin, das künstlich hergestellte ADH, erhalten. Dieses kann in Form von Augentropfen, Nasenspray, Tabletten oder Spritzen zugeführt werden. Nach unserer Erfahrung haben sich die Tabletten als äußerst praktisch ergeben; sie lassen sich einfach teilen und sind geschmacklos, so dass sie auch ins Futter gegeben werden können. Augentropfen sind bei Haustieren auf Dauer sicher schwer zu verabreichen und oftmals nicht wirklich genau zu dosieren.
Die Gabe des Hormons ist auch eine gute Möglichkeit, zwischen zentralem und renalem D.I. zur differenzieren; da beim renalen D.I. das Medikament nicht hilft.
Carlos war nach 3wöchiger Therapie mit Desmotabs wieder wach und fit
Tritt diese Erkrankung in jüngeren Jahren auf, sollte beim zentralen Diabetes Insipidus die Ursache des ADH-Mangels behandelt werden, wenn dies möglich ist. So können Tumoren der Hirnanhangsdrüse mit einer Operation entfernt und Entzündungen mit Medikamenten behandelt werden.
Bei einem renalen Diabetes Insipidus nützt eine Gabe von ADH nichts, weil das Nierengewebe so verändert ist, dass es die Befehle des ADH nicht ausführen kann. So muss bei einem renalen Diabetes insipidus vor allem die Erkrankung der Niere behandelt werden, wenn dies möglich ist. Zudem können Betroffene zur Verminderung der Urinmenge gewisse Medikamente einnehmen.
Beim zentralen D.I. ist dir Prognose günstig; beim renalen hängt es vom Zustand der Grunderkrankung ab, ob eine Heilung möglich ist.
Quellen:
* Hämmerling, R. (2009) Praxis der endokrinologischen Krankheitsbilder bei Hund und Katze
* Nelson, R. W. u. Couto, C. G. (2006): Innere Medizin der Kleintiere
* Suter, P.F. u. Kohn, B.: Praktikum der Hundeklinik
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