Leyla war unser erstes gemeinsames Haustier. Wir sind zu ihr gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Es war ein dienstlicher Besuch bei einer Tierärztin, bei der eine meiner NeuntklässlerInnen Betriebspraktikum machte. Bei der Verabschiedung fragte meine Schülerin mich, ob ich nicht eine Katze haben wolle und zeigte auf ein ganz traurig schauendes schwarz-weißes Wesen in einem Tragekorb.
Sie sei nach der Operation am Darmverschluss nicht mehr abgeholt worden, weil ihre Leute sie wegen ihres kürzlich geborenen Babys nicht mehr hätten behalten können. Sie habe die OP gut überstanden, müsse aber jetzt ins Tierheim. Ich rief kurzerhand zu Hause an und erfuhr von Klaus, dass er im Gegensatz zu mir ja immer schon gerne eine Katze gewollt habe.
Also nahm ich Leyla mit, samt Kennel und einem Sack Trockenfutter. Sie eroberte schnell unser Herz und schien bei uns sehr glücklich zu sein, sprang herum und genoss die Streicheleinheiten. Aber bereits nach zehn Tagen konnte sie nicht mehr aufs Klo gehen, fraß auch nicht mehr und schien überhaupt in sehr schlechtem körperlichen Zustand zu sein.
Niemals hätte sie natürlich Trockenfutter bekommen dürfen - bei dieser Erkrankung schon gar nicht -, was ich natürlich nicht wusste (und die Tierärztin ja offensichtlich auch nicht).
Es war Wochenende. Nachdem Leyla über Tage komplett die Nahrung verweigerte und auch nicht mehr aufstehen wollte, fuhr ich mit ihr zum Notfall-Tierarzt, der sie erst durch die Praxis jagte, weil ich sie nicht festzuhalten verstand, sie dann in Narkose legte, um sie röntgen zu können und dann feststellte, das ihr Darm erneut verschlossen war.
Nach der verzweifelten telefonischen Rücksprache mit der Tierärztin, die mir Leyla anvertraut hatte und mir versicherte, das es für sie keine Hoffnung mehr gebe, behielt der Tierarzt sie dann da und gab ihr die Todesspritze. Diese Entscheidung über ein Leben treffen zu müssen, meine Hilflosigkeit, die völlige Unerfahrenheit - das alles überwältigte mich damals vollkommen.
Der Tierarzt war ein brutaler Mensch, der überhaupt kein Gefühl für meine Verzweiflung, für meine Trauer, für meine Unbeholfenheit (es war ja meine erste Hauskatze) und schon gar nicht für das Leiden dieser Samtpfote hatte. Das, was ich in dieser Praxis erlebt habe, war so haarsträubend, dass ich es hier gar nicht im Detail wiedergeben kann und möchte, ohne ihn am liebsten heute noch anzeigen zu wollen.
(Später musste ich eine ähnliche Erfahrung mit Lizzy bei einem anderen Kölner Notfall-Tierarzt machen, der schon so daherkam, dass ich meinen armen, schwerst kranken Liebling gar nicht erst aus der Tragetasche nahm und entsetzt aus der Praxis rannte, unter Schimpfen verfolgt von diesem Unmenschen. Dieser Tierarzt steht fast immer für Notdienste zur Verfügung, und ich möchte nicht wissen, wie viele Tiere ihm schon zum Opfer gefallen sind. Er ist in Köln bekannt, aber ohne konkrete Beweise kann das Veterinäramt - wie so häufig - nichts unternehmen.)
Erst viele Jahre Katzenerfahrung später wurde mir klar, dass Leyla heute noch leben würde, wenn sie entsprechend behandelt und ernährt worden wäre und wenn wir mehr Ahnung von Katzenhaltung gehabt hätten.
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