Die Gefahr der hepatischen Lipidose
Es gibt viele Gründe, warum eine Katze aufhört zu fressen. Verschiedene innere Erkrankungen können dafür ursächlich sein, aber auch Schmerzen infolge einer Verletzung, Probleme mit den Zähnen und der Mundschleimhaut und vieles mehr.
Wenn die Katze das Fressen einstellt, dann muss unbedingt sofort abgeklärt werden, warum. In den meisten Fällen ist ein Tierarztbesuch dann unumgänglich.
Was ist hepatische Lipidose?
Denn: Während ein Hund gut auch mal einen Tag oder sogar mehrere Tage unbeschadet ohne Futter auskommen kann, wird eine Nahrungskarenz bei der Katze bereits nach ein paar wenigen Tagen äußerst gefährlich. So geht durch die fehlende Eiweißzufuhr das normale Gleichgewicht im Fettstoffwechsel der Leber verloren, indem die eingelagerten Fette nicht mehr ausgeschieden werden können.
Diese Erkrankung nennt sich daher Fettleber- bzw. Fettspeicherkrankheit der Leber (hepatische Lipidose) und trifft am ehesten übergewichtige weibliche Katzen. Aber auch normalgewichtige Katzen, die aus irgendeinem Grund die Nahrungsaufnahme eingestellt haben, können davon betroffen sein. In einer solchen Situation entsteht meistens sofort ein Teufelskreis, da die beginnende Leberverfettung zu weiterer Appetitlosigkeit führt, was wiederum eine Verschlimmerung der Lebererkrankung bewirkt.
Vielleicht erinnern sich ja noch einige an den Kater Felix, der 5 Wochen nach dem Einsturz des Stadtarchivs in Köln lebend aus den Trümmern geborgen wurde. Er war von 6 auf 2.5 Kg abgemagert und wurde über Wochen mit hochkalorischer Nahrung hochgepäppelt. Er hat überlebt.
Viele Katzen aber, die mehrere Tage das Fressen einstellen, haben nicht so viel Glück. Sie sterben entweder oder tragen einen bleibenden Schaden davon.
Symptome
Die Symptome der hepatischen Lipidose können Speicheln, Erbrechen und Durchfall sein. In den meisten Fällen wird die Katze apathisch, bewegt sich kaum noch und/oder zieht sich zurück. Auch eine Gelbsucht kann vorkommen. In fortgeschrittenen Fällen kommt es zum Versagen der Leber, die nun ihre Entgiftungsfunktion nicht mehr wahrnehmen kann. Leider können dann auch - infolge nicht ausgeschiedener und im Blutkreislauf verbliebener Stoffwechselprodukte - neurologische Störungen auftreten.
Notfallmaßnahmen
Die hepatische Lipidose ist also eine schwere lebensbedrohliche Krankheit. Wenn eine Katze bereits über einen längeren Zeitraum ohne Futter war und auch weiterhin die Nahrung verweigert oder erbricht, muss schnell gehandelt und die Katze in eine Tierarztpraxis oder -klinik gebracht werden. Als erstes werden dann dort in der Regel Dauertropfinfusionen eingeleitet; und sobald als möglich werden Nährlösungen verabreicht, entweder auch mit Hilfe von Tropfinfusionen oder über eine Sonde.
Diagnostik
Parallel zu Notfallmaßnahmen muss die Ursache für die Appetitlosigkeit ergründet werden. Denn viele Krankeiten wie Diabetes, Nierenerkrankungen, Entzündung der Bauchspeicheldrüse und andere Infektionskrankheiten können dazu führen, dass die Nahrung verweigert wurde und eine hepatische Lipidose entsteht, ebenso wie Erkrankungen der Maulhöhle oder der Zähne. Die jeweilige Grunderkrankung muss daher selbstverständlich erkannt und behandelt werden.
In der Regel werden Blutuntersuchungen durchgeführt, nicht nur, um die Leberwerte, sondern auch, um die anderen Organwerte zu überprüfen. Zur Absicherung der Lipidose kann auch ein Ultraschall der Leber und der Galle hilfreich sein, ebenso - im Zweifelsfall - eine Leberbiopsie.
Therapie
Wenn alles abgeklärt wurde und die ersten Nofalltmaßnahmen die Katze wieder stabilisiert haben, dann ist die einfachste und beste Therapie eine konsequente Fütterung mit hochwertigem Eiweißfutter. Professor Horzinek schreibt in seinem Lehrbuch "Krankheiten der Katze" (2005) dazu: "Da der Verdacht besteht, dass die Erkrankung zumindest teilweise auf einen Mangel an Aminosäuren ... zurückzuführen ist, muss die verwendete Sondernahrung proteinreich sein" (S. 372).* Diätfutter - auch die beim Tierarzt angebotenen - sind allerdings in der Regel nicht so proteinreich, wie es für eine schnelle Genesung der Katze notwendig wäre. Daher empfiehlt es sich, die Fütterung selbst in die Hand zu nehmen.
Wenn die Katze Rohfutter gewöhnt ist, ist es umso einfacher, da Rohfutter die lebenswichtigen Aminosäuren, die durch die Hungerphasen verloren gegangen sind - außer Taurin - in ausreichendem Maße enthält. Wenn sie Rohfütterung nicht gewöhnt ist, sollte man sie zu diesem Zeitpunkt auch nicht einführen. Hier empfiehlt es sich, Hühner- oder Putenbrust zu kochen oder zu dünsten und mit ein wenig Wasser zu pürieren und dieses Gemisch mit einer Spritze (ohne Nadel natürlich) mehrmals am Tag seitlich ins Mäulchen zu geben.
Bei gekochtem Futter sollten die Aminosäuren Taurin, Carnitin, Arginin und Methionin hinzugegeben werden. Auch eine Vitamin B-Komplex-Gabe, ebenso wie täglich ein paar Tröpfchen Nachtkerzenöl, wären zusätzlich sehr hilfreich. Diese Nahrungszusätze kann man in der Apotheke kaufen oder im Internet bestellen. Beim Carnitin sollte beachtet werden, es langsam von 150 auf 500 mg pro Tag zu steigern, da es sonst zu Durchfällen führen kann.
Sobald die Katze wieder von selbst frisst, ist das Schlimmste überwunden. Trotzdem sollte weiterhin hochwertiges Futter gegeben werden, um eine Stärkung des Organismus zu bewirken. Und übrigens: Gerade bei einer Katze, die zu Übergewicht neigt, ist die beste Fütterung diejenige, die hochwertiges Eiweiß und kein Getreide enthält.
*Marian C. Horzinek, Vera Schmidt, Hans Lutz: Krankheiten der Katze, Enke-Verlag (2005)
© Victoria Caesar - Alle Rechte vorbehalten
Anmerkung: Dieser Beitrag - sowie auch andere in diesem Portal - ersetzt keinesfalls den Besuch beim Tierarzt!
Unterstützung in Katzenfragen hier:
Die Inhalte dieses Portals dürfen nur mit schriftlich erteilter Genehmigung der Autor*innen vervielfältigt oder woanders veröffentlicht werden. Anfragen dazu auf der Kontaktseite.